«Das Leben ist eine Kombination aus Magie und Pasta», schwärmte der in Rimini geborene Filmregisseur Federico Fellini von der Küche seiner Heimat. Ein Teller dampfender, handgemachter Nudeln bedeutet mehr als blossen Genuss – er wärmt die Seele und verleiht selbst an kalten Wintertagen ein Gefühl von wohliger Geborgenheit. Die Emilia Romagna, oft als «Food Valley» Italiens bezeichnet, ist ein Paradies für Gourmets: Einige der weltweit renommiertesten Spezialitäten wie Parmigiano Reggiano, Prosciutto di Parma und Aceto Balsamico Tradizionale di Modena stammen aus der Gegend. Darüber hinaus stammt fast ein Dutzend berühmter Nudelgerichte aus der Region. Wir stellen die fünf der begehrtesten Pastasorten vor. Ausserdem verraten wir, wie und wo man selbst zum Pasta-Profi werden kann.
Tortellini: Die Ikone unter den Nudeln
Die kleinen gefüllten, handgemachten Teigringe werden für ihre einzigartige Form und ihre geschmackliche Vielfalt über die Landesgrenzen Italiens hinaus geschätzt. Sie stehen symbolisch für Kochkunst und handwerkliches Geschick. Im Original sind Tortellini mit einer herzhaften Mischung aus Schweinefleisch, Parmaschinken, Mortadella, Parmigiano Reggiano sowie Eiern gefüllt und werden in heisser Rinder- oder Hühnerbrühe serviert. Die Geschichte des göttlich schmeckenden und zugleich sättigenden Wohlfühlessens ist eng mit der Region Emilia Romagna verbunden. Jahrhundertelang stritten sich die Städte Bologna und Modena um die Herkunft der ikonischen Nudel. Die Debatte beendete erst die Ernennung von Castelfranco Emilia zum Geburtsort des Tortellinos im 19. Jahrhundert. Bis heute findet dort, auf halber Strecke zwischen Bologna und Modena, jedes Jahr im September ein Festival zu Ehren der Pasta statt. Übrigens: Der Name der Nudeln leitet sich vom italienischen Wort torta (Torte) ab und bedeutet, in Anspielung auf ihre runde Form kleine Torte. Die Legende besagt, dass die Optik des Tortellinos der des Bauchnabels der Venus entsprechen soll. Wer selbst die Kunst der Zubereitung üben will, für den hat die Dotta Confraternita del Tortellino, die Gelehrte Bruderschaft des Tortellinos, das Originalrezept bei der Italienischen Handelskammer hinterlegt.
Tagliatelle: die köstlichste Liebeserklärung an goldenes Haar
Die langen, breiten Streifen aus Eierteig, die traditionell mit ragù, einer Sauce basierend auf Hackfleisch, Tomaten und Wein serviert werden, gelten ebenfalls als Wahrzeichen der italienischen Küche. Obwohl einige Regionen die Urheberschaft des Nudelgerichts für sich beanspruchen, verortete es der «Pate der italienischen Hausmannskost» im 19. Jahrhundert in Norditalien, genauer gesagt in der Emilia Romagna. Die Rede ist vom berühmten Kochbuchautor Pellegrino Artusi und seinem 1891 erschienenen Werk «La Scienza in Cucina e l’Arte di Mangiar Bene». Obwohl jede italienische Familie ihre eigene Version der Nudeln und der Sauce zubereitet, verwahrt die Handelskammer von Bologna seit 1982 das traditionelle Rezept der Sauce ragù alla bolognese. Auch die exakte Breite der Tagliatelle wurde dort bestimmt. Sieben Millimeter im rohen und acht Millimeter im gekochten Zustand darf die Nudel messen.
Die Legende besagt, die Pasta wurde im 15. Jahrhundert vom Küchenchef Mastro Zefirano erschaffen. Anlässlich der Hochzeit der Adeligen Lucrezia Borgia mit dem Herzog von Ferrara wollte der Koch deren Haarpracht nachempfinden. So schuf er lange, goldene Nudeln.
Lasagne alla Bolognese: Purer Geschmack in vielen Schichten
Sie darf in keiner Speisekarte fehlen, der Klassiker aus der Emilia Romagna, die Lasagne. Von Bologna aus verbreitete sich deren Popularität. Heute gibt es weltweit unzählige Varianten dieser in der Zubereitung recht aufwendigen Speise. In Italien wird Lasagne deshalb gerne als Sonntagsessen oder bei Familienfesten serviert.
Eines haben alle Formen des Gerichts gemein: die geschichteten Nudelplatten, die traditionellerweise aus Mehl, Eiern und frischem Spinat hergestellt werden. Laut der Accademia Italiana di Cucina, der Institution zur Bewahrung und Förderung der italienischen Esskultur, gehört zwischen die einzelnen Schichten im Originalrezept nur die bereits erwähnte Sauce Ragù und Béchamel. Lediglich die letzte Lage wird noch mit geriebenem Parmigiano Reggiano bestreut, dann kommt das Gericht in den Ofen zum Überbacken. Wissenswert: Lasagne gab es schon im Mittelalter, Eier wurden jedoch erst in der Renaissance in den Teig gegeben. Die Verwendung von Tomaten und das Schichten der Nudeln kam erst im neunzehnten Jahrhundert auf.
Cappelletti: «Kleine Hüte» – grosser Genuss!
Zunächst sei gesagt, die Verwechslungsgefahr von Tortellini und Cappelletti ist für Nicht-Italiener durchaus gegeben. Beide Nudelsorten kommen aus der Emilia Romagna. Sie sind rund, gefüllt und werden bevorzugt in Brühe serviert. Aber es gibt feine Unterschiede. Die ringförmigen Tortellini haben die Grösse einer Murmel, und sie enthalten traditionellerweise Fleisch. Cappelletti ähneln, wie es der Name sagt, kleinen Hüten. Sie sind etwa so gross wie ein Wachtelei, also etwas größer als Tortellini, und bei der Füllung gibt es mehrere, oft auch vegetarische Varianten wie z. B. Ricotta-Käse. Kleine Abweichungen gibt es ebenfalls in der geographischen Verbreitung. Die Hütchen erfreuen sich in der Romagna grosser Beliebtheit. Die Tortellini sind dagegen eng mit Städten wie Bologna und Modena in der Emilia verbunden. Doch es geht hier nicht darum, die Nudeln zu spalten. Fest steht, beide Pastasorten zählen zu den berühmtesten Gerichten in der italienischen Küche und Cappelletti haben die Herzen aller erobert.
Passatelli: Vom «Arme-Leute-Essen» zur heissbegehrten Leckerei
Ebenfalls ein für die Emilia Romagna typisches Gericht sind Passatelli. Ihre Form erinnert an grobe, dicke Spaghetti. Das Besondere an der Nudel: Passatelli besitzen eine körnigere Textur und werden nicht aus klassischem Pastateig hergestellt. Sie bestehen aus einer Mischung aus Brotbröseln, geriebenem Parmigiano Reggiano und Eiern. Für das Aroma fügt man Muskatnuss, eine Prise Salz sowie einen Schuss Zitronensaft hinzu. Die Zutaten werden zu einem festen Teig geknetet und anschliessend durch eine spezielle Passatelli-Presse gedrückt. Von diesem Vorgang stammt auch ihr Name, vom Verb passare (hindurchgehen).
Traditionell in heisser Fleischbrühe gekocht, ergeben Passatelli das ideale Wohlfühlgericht für kalte Tage. Die Geschichte der heutigen Delikatesse ist tief in der italienischen Bauernküche verwurzelt, denn einst waren Passattelli ein Resteessen aus günstigen, übrig gebliebenen Zutaten. Einfach, aber eben einfach unwiderstehlich!
Übung macht den Meister: Pasta kochen leicht gemacht
Schürze an, Hände ins Mehl und los geht es! Nudelfans und Besucher*innen der Emilia Romagna sollten sich einen Pasta-Kochkurs in der Casa Artusi in Forlimpopoli, 30 Kilometer von der adriatischen Küste entfernt, nicht entgehen lassen. Hier begeben sie sich unter professioneller Anleitung auf eine Reise zum authentisch italienischen Geschmack. 20 Plätze stehen für Interessierte zur Verfügung. Auf dem Stunden- und anschliessenden Speiseplan stehen die Zubereitung und Verkostung traditioneller Nudelsorten, darunter Tagliatelle und Cappelletti inklusive Füllung sowie der dazugehörigen Saucen. «Der beste Lehrmeister ist die Übung», sagte Pellegrino Artusi, zu dessen Ehren die Kochschule gegründet wurde. In seinem Buch «Die Wissenschaft des Kochens und die Kunst des guten Essens» sammelte er als Erster die Rezepte der regionalen Küchen Italiens und half, eine kulinarische Identität für das Land zu schaffen.
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