Nadja Schenk über Golf

Golf: ein komplexes Spiel, das Generationen verbindet und ein überraschendes Potenzial in sich trägt. Im Beitrag erzählt Nadja Schenk – seit drei Jahren Captain des Golfclubs Bern – davon, wie sie zum Golfspielen kam, was Golf für sie ausmacht und wie es mit dem Thema Nachhaltigkeit beim Golf aussieht.

TEXT: ALEXANDRA WIDMER | BILDER: ZVG

Früher spielte Nadja Schenk Landhockey. Bei einem Trainingslager im Jahr 1990 flog das Team auf die Bermudas und durfte dort auf dem Golfplatz das Golfspielen einmal ausprobieren. Weg mit den kurzen Hockeyjupes, Golf-Etikette und anderer Dresscode waren angesagt. Das Ausprobieren machte Spass, aber: «Wir haben das Fairway damals ziemlich zerhackt», erinnert sie sich schmunzelnd. Über Jahre hinweg liess sie die Erinnerung daran nicht los. 2010 war es schliesslich so weit: Nadja buchte kurzerhand einen Intensiv-Kurs, das heisst: Eine Woche Theorie und Praxis mit einem Golflehrer, wo Regeln, Etikette und Schläge geübt werden. Danach folgte die Prüfung, bei der Nadja ihre Platzreife erlangte. Die Faszination für Golf ist seither ungebrochen und hält sich bis heute.

«Was Golf so faszinierend macht, ist seine Komplexität», erzählt Nadja. Neben der sportlichen Komponente – insbesondere Beweglichkeit, Balance und Kräftigung des Körpers – gibt es nämlich auch eine mentale. Diese betrifft nicht nur das Zusammenzählen sowohl der eigenen als auch der gegnerischen Punkte, das laufend erfolgt, sondern auch den Umgang mit Anspannung und Frust. «Golf hat ein hohes Frustpotenzial», so Nadja. Warum das so ist? Für die Erklärung greift Nadja auf den Vergleich mit Hockey zurück: «Beim Hockeyspielen hat man ein bestimmtes Level, und wenn das einmal erreicht ist, fällt man nicht mehr zurück. Beim Golfspielen kann man plötzlich Tage haben, an denen nichts mehr geht, an denen man sich wieder wie ein Anfänger fühlt. Da kommt Demut ins Spiel.» Das eigene Selbstvertrauen davon nicht ins Wanken geraten zu lassen, kann manchmal ganz schön herausfordernd sein. «Durch diese Schwankungen muss einfach man durch», so Nadja, die selbst auch schon solche Phasen durchlebt hat. Selbst Profis erleben noch solche Leistungsabfälle, es gehört in gewisser Weise zum Golf dazu. Gleichzeitig hat Golf aber auch ein wahnsinniges Potenzial: Es ist möglich, an einem Loch plötzlich so gut wie Tiger Woods zu spielen. Und: Man kann gegen die eigenen Eltern antreten und diese können einen auch im Alter von 70 oder 80 Jahren noch schlagen – undenkbar beispielsweise bei Hockey oder Tennis.

Die generationenverbindende Macht von Golf ist auch etwas, das den Sport für Nadja ausmacht. Nach dem Tod ihres Ehemannes begann Nadjas Mutter mit dem Golfspiel. Neben der Verbesserung ihrer körperlichen Fitness tut ihr auch der soziale Aspekt gut. Mutter und Tochter können nun gemeinsam gegeneinander antreten und dank der Punktekorrektur durch das sogenannte Handicap kann ihre Mutter sie auch schlagen. «Es gibt viele ältere Menschen, die nach dem Verlust des Partners anfangen, Golf zu spielen. Man hat wieder eine Aufgabe, ein Ziel: Man will sich im Spiel verbessern. Gleichzeitig hat man auch viele Kontakte zu Gleichgesinnten.»

Heutzutage läuft das Reservieren des Platzes online: Man überprüft im Buchungssystem der Wahl, wann noch etwas frei ist und bucht sich dann einen Termin. Das eröffnet weitere Möglichkeiten, neue Leute kennenzulernen, denn man kann sich bei anderen Gruppen, die noch Plätze frei haben, einfach dazu buchen. Gleichzeitig kann man natürlich auch alleine spielen und ist nicht angewiesen auf eine:n Partner:in, wie beispielsweise bei Tennis. Neben diesen vielseitigen Spielmöglichkeiten zeichnet Golf auch aus, dass Selbstverantwortung eine grosse Rolle spielt. Es gibt keinen Schiedsrichter, stattdessen gibt man sich selbst einen Strafschlag. «Das ist so ein bisschen «the spirit of the game»: Man schaut selbst, dass man alles richtig macht. Das hat auch mit Respekt gegenüber dem Gegner zu tun», meint Nadja.

Mitarbeit im Club

Bevor Nadja im letzten Jahr als erste Frau zum Captain des gesamten Golfclubs Bern gewählt wurde, war sie bereits Captain des Clubteams, das ist die Sport- Sektion des Golfclubs Bern. Nun gehört der ganze Spielbetrieb zu ihrem Aufgabengebiet.. Wie es dazu kam? «Als das Amt des Club-Captains frei wurde, habe ich gemerkt, ich wäre da gerne dabei. Ich möchte die Zukunft des Golfclubs mitgestalten und Dinge mitentwickeln.» Sich engagieren und frischen Wind in die Clubangelegenheiten – auch beim Thema Nachhaltigkeit – zu bringen, das ist das Ziel von Nadja. Ihre Vision: eine ÖV-Anbindung zum Golfclub. «Das würde der Nachhaltigkeit und der sozialen Altersvorsorge Rechnung tragen. Tatsache ist: Golf spielen kann man bis ins hohe Alter, aber Auto fahren ist nicht immer bis in jenes Alter möglich.» An Ideen fehlt es Nadja also nicht. Das ganze Engagement ist für sie aber nur möglich dank ihrer Selbstständigkeit: Als Goldschmiedin mit eigenem Atelier in der Berner Altstadt kann sie sich den zeitlichen Anforderungen des Amtes flexibel anpassen.

Was Nadja am Golfclub Bern schätzt: Er bietet Raum für alle – ob hoch ambitioniert oder spielerisch unterwegs. Denn: Es ist ein sehr sportlicher Club mit vielen Mitgliedern, die grosse Ambitionen haben. Gleichzeitig gibt es auch viele Golfspielende im Club, für die das Spielen an sich im Vordergrund steht; der Schwerpunkt liegt auf dem Spass, die Leistungsorientierung im Hintergrund. «Das ist immer auch ein bisschen eine Balance», verrät Nadja. «Denn die leistungsorientierten Spielenden möchten eher auf schnellen Greens und mit höherem Gras neben den Fairways spielen, dies macht aber dann für weniger ambitionierte Golfer:innen nicht mehr so viel Spass und würde das Frustpotenzial unnötig erhöhen. » Das Ziel: Es soll für alle etwas dabeihaben. Diese Balance fördert der Golfclub Bern auch mit einem aktiven Clubleben, wo Trainings, Meisterschaften und Turniere für die verschiedenen Sektionen organisiert werden: Regelmässig finden Trainings für die Junioren statt, jeden Dienstag bestreiten die Ladys ein Turnier mit anschliessendem Essen, ebenso die Senioren am Donnerstag. Am Ende der Saison gibt es dann ein gemischtes Turnier, wo ein Junior, eine Lady und ein Senior gemeinsam ein Turnier bestreiten. Ein Moment, an den Nadja gerne zurückdenkt: Bei der letzten Schweizermeisterschaft in der höchsten Frauenliga erzielte das aus sechs Spielerinnen bestehende Team den zweiten Rang und holte sich die Silbermedaille. Und dies mit einem «Familien-Team» aus zwei «Grosis» (vom Alter, nicht in echt), einem Mami und drei jungen Frauen.

Nachhaltigkeit im Golf

In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit nicht nur in unserer Gesellschaft an Relevanz gewonnen, sondern auch im Golfsport. Der Golfpark Moossee, wo der Golfclub Bern ansässig ist, verfügt über eine GEO-Zertifizierung. Diese wird von der Golf Environment Organization vergeben – einem Non-Profit- Unternehmen in North Berwick (Schottland) – und bestätigt, dass bestimmte Nachhaltigkeitsstands bei der Golfanlage umgesetzt und eingehalten werden. Wie sieht das aber genau aus? Nadja berichtet: «Bei uns wird zum Beispiel bei der Bewässerung auf den Wasserverbrauch geachtet. Wenn der Sommer eher trocken ist, spielt man dann halt manchmal auch mit braunen Flecken. Mich stört das nicht; von Gästen von ausserhalb haben wir aber auch schon Beschwerden deswegen gehört.» Weiter hat der Golfpark Moossee auch überall BWT-Wasserstationen, sodass PET reduziert wird und alle ihre eigene mitgebrachte Flasche auffüllen können. Daneben hat der Golfplatz Zonen der Biodiversität: Wälder, Wiesen, Flüsse, Biotope – natürliche Lebensräume, in denen zahlreiche Tier- und Pflanzenarten heimisch sind. Diese Flächen umfassen mindestens 33 Prozent, wie Swiss Golf nachgewiesen hat. Gut ein Drittel des Golfplatzes trägt also zum Erhalt der Biodiversität bei. Beim Golfpark Moossee war dieser positive Effekt auf Flora und Fauna vielleicht gar ein wenig zu stark, wie Nadja schmunzelnd verrät: «Ursprünglich hatten wir nur eine Biberfamilie bei uns auf dem Platz, inzwischen hat diese sich so stark vermehrt, dass wir viele Biberfamilien vor Ort haben. Leider fressen sie sich gerade durch die Bäume – jetzt sind wir da dran, mit dem Wildhüter eine Lösung zu finden. » Daneben fühlen sich auch viele Vögel und Kröten in diesem Lebensraum wohl. In Städten steuern Golfplätze zusätzlich gegen die globale Erwärmung: Dort beträgt nämlich der durchschnittliche Kühleffekt eines Golfplatzes in der Schweiz 2,6° Celsius. Es wird also einiges unternommen im Bereich Nachhaltigkeit im Golfspiel – und weitere Ziele sind bereits formuliert: So plant Swiss Golf, bis 2027 alle Golfanlagen in der Schweiz GEO zu zertifizieren.

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